Interview mit Dr. Margit Meister, Leseumwelt

Daniela Capano | 22.12.2020

Interview mit Dr. Margit Meister, Leseumwelt
Interview mit Dr. Margit Meister, Leseumwelt

Dr. Margit Helene Meister ist Projektinitiatorin eines dreiteiligen Bücherregals voller Umweltbücher, genannt leseumwelt, welche seit 2013 in 50 öffentlichen niederösterreichischen Bibliotheken zu finden ist.

Die leseumwelt bietet eine kompakte Sammlung von über 300 Medien aller Genres: von Romanen, Krimis, Erzählungen, Märchen, Jugend- und Kinderbücher, Fachliteratur, Hörbücher, Filme und Spiele und soll bei jung und alt mehr Bewusstsein für Umweltthemen schaffen.

Dr. Margit Helene Meister, die leseumwelt-Bücherregale sind was ganz Besonderes. Vom Design, aber auch von den Inhalten. Sie wurden 2012 im Rahmen eines Studierenden-Wettbewerbes der New Design University in St. Pölten gestaltet. Gebaut wurden sie von einer Tischlerei im Mostviertel. Wieso haben Sie sich bei der Bewusstseinsbildung gerade für Bücher entschieden?

Wir wollten damals ein generationsübergreifendes Projekt machen mit dem Ziel, über die Kinder zu den Erwachsenen zu kommen. Wir wussten, dass Kinder sehr gern in Büchereien gehen und ich habe gehofft, dass die Erwachsenen, wenn sie dort einen kompakten Bücherturm sehen, mit Büchern für die Kleinen aber auch für sie, erkennen, welche tollen Umweltthemen es gibt. Die Grundausstattung des Bücherregals enthielt 150 Bücher bzw. DVDs, Spiele. Später kamen dann weitere Medienpakete dazu, die jährlich an die 50 Bibliotheken verschickt wurden bzw. werden.

Aber nicht nur der Inhalt der Regale war uns wichtig. Es war mir klar, dass wir etwas machen müssen, was außergewöhnlich ist und natürlich war es auch klar, dass es ein Naturstoff sein sollte. Für den Bücherturm wurde heimische Fichte verwendet, das Design stammt von Studierenden der New Design University, die damals ganz neu in St. Pölten war. Die Studierenden teilten sich in zwei Gruppen und entwickelten das gesamte Regal inklusive Corporate Identity, vom Logo über das Farb-Design bis zum Aufbau selbst, alles stammt von diesen jungen Menschen.

Was uns dann natürlich auch noch wichtig war, dass es in Niederösterreich produziert wird. Wir haben für die erste Vorstellung eines Prototyps die Emmaus-Gemeinschaft in Lilienfeld als Behindertenwerkstätte eingebunden. In weiterer Folge war aber klar, dass sie nicht 50 Büchertürme auf einmal in Handarbeit herstellen können, daher haben wir einen heimischen Betrieb im Mostviertel dafür gefunden.

Es waren extrem gute Kooperationen. Dieses Projekt ist getragen von wohlwollenden Menschen. Es hat für mich keinen einzigen Moment des Konflikts oder von Enttäuschung gegeben.

Bücherturm Leseumwelt
Bücherturm Leseumwelt

Neben den Büchertürmen bietet die leseumwelt als Initiative des Umwelt.Wissen.Netzwerk NÖ auch Seminare und Workshops in Bibliotheken und für BibliothekarInnen an. Bei den heurigen Aktionstagen Nachhaltigkeit wurde das Seminar „17 Ziele, 17 Bücher und WIR“ für NÖ BibliothekarInnen als eines von drei niederösterreichischen Lieblingsprojekten ausgezeichnet. Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den BibliothekarInnen?

Wir haben in den letzten Jahren immer begleitende Workshops zu verschiedenen Themen organisiert. Dieser Wunsch kam von den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren selbst. Mit dem haben wir beim Start der leseumwelt gar nicht gerechnet. Aber die Bücher und die Themen haben die Lust an Umwelt geweckt, was uns sehr freut.

Wir freuen uns sehr, dass gerade die Weiterbildung zu den globalen Entwicklungszielen der UN oder 17 nachhaltigen Entwicklungsziele oder Sustainable Developement Goals, wie sie international genannt werden, die Auszeichnung bekam. Seit fünf Jahren sollte ja an diesen Zielen gearbeitet werden, weil sie bis 2030 umgesetzt werden sollten – schön langsam sind sie zur Bevölkerung und auch zu den BibliothekarInnen durchgesickert. Das ist vor allem deshalb spannend, weil bei ihnen ja alle Lebensbereiche einfließen. Wir haben bei diesem Seminar ganz unterschiedliche Aspekte der 17 Ziele berücksichtigt – von der klassischen Büchersammlung aus Sach- und Fachbüchern und Romanen bis zum Puppentheater, mit dem man die Themen aufgreifen kann.

Wir schicken auch immer wieder neue Plakate mit den neuen Büchern mit, die in den Bibliotheken aufgehängt werden. Wir erwarten nicht, dass sich jeder immer mit Umweltthemen beschäftigt, aber wir greifen mit unseren Medien alle Themen auf, die die Lebensbereiche der Menschen betreffen. Da geht’s um Ernährung, es geht um Energiesparen, nachhaltiges Bauen und Wohnen, aber auch um Mobilitäts- und Lebensstilfragen.

Denn was ich benennen kann, das schätze ich umso mehr und daher suchen die Menschen verstärkt auch wieder diese Bücher in unserer Leseumwelt.

Diese Corona-Pandemie hat sehr klar vor Augen geführt, wie wichtig es ist, unser direktes Umfeld gut zu behandeln, so dass auch künftige Generationen ein gutes Lebensumfeld haben und dass es wichtig ist, das Lebensumfeld in der Nähe so zu haben, dass man sich auch wohlfühlen kann. Es liegt jetzt noch stärker an uns, den Menschen Wissen in allen Themenbereichen so zur Verfügung zu stellen, so dass sie es auch verstehen und aufgreifen können. Es ist wichtig, den Menschen nachhaltige Handlungsoptionen niederschwellig anzubieten, dass sie sich sehr rasch Umwelttipps holen können, wie sie auch die Webseite www.wir-leben-nachhaltig.at bietet.

Innovativ für 2013 haben Sie bei der Präsentation der ersten Bücherregale ein sogenanntes Bookcrossing angeboten. Alle TeilnehmerInnen der Eröffnungsfeier durften ein Buch mit nach Hause nehmen, lesen und dann im öffentlichen Raum „vergessen“ oder in offene Bücherschränke legen und so auf eine Reise schicken. Wo sind die Bücher gelandet?

Ich weiß es, um ehrlich zu sein, nicht ganz genau. Am Anfang haben uns manche Leute noch gesagt, wo sie die Bücher hinterlegt haben, und wir haben manche Bücher auch weiterverfolgt. Ich glaube aber nach wie vor, dass es eine gute Idee ist. Wir trennen uns jetzt von unseren Restbeständen, schicken die Bücher an Schulen, Kindergärten und einige stellen wir auch in offene Bücherschränke. Es sollen möglichst viele und unterschiedliche Menschen in den Genuss der leseumwelt-Bücher kommen.

Der Jahreswechsel steht an und wir lassen das Jahr 2020 hinter uns. Was erwartet die leseumwelt im neuen Jahr? Welche neuen Projekte sind geplant?

Zu dem Zeitpunkt, wo wir mit dem Projekt gestartet sind war die EDV-Ausstattung an manchen NÖ Büchereien noch nicht so toll. Manche kleineren Bibliotheken nutzten gar kein Bücherverwaltungsprogramm, sondern arbeiteten noch mit Karteikarten. Das hat sich jetzt geändert, weswegen es nächstes Jahr kein Bücherpaket mit Büchern, sondern mit E-Books geben wird.

2017 haben wir unter dem Titel „Leseumwelt macht Schule“ begonnen Kooperationen zwischen Schulen und Bibliotheken zu unterstützen: VolksschülerInnen haben ihr liebstes leseumwelt-Buch gemalt und wir haben für SchülerInnen der Unterstufen/Mittelschulen, einen Videowettbewerb organisiert. Was sehr gut angekommen ist, war ein Projekt mit den Kindergärten, wo wir ein Leporello für Kindergartenkinder mit dem Titel „10 Sachen kann ich machen“ gestaltet haben. 10 Umwelttipps, die Kinder selbst umsetzen können, wie z.B. Licht abdrehen, Wasser sparen oder Müll trennen, werden dargestellt. Für die erfolgreiche Umsetzung werden sie mit einer Medaille zum leseumwelt-Star. Dieses Projekt werden wir auch 2021 weiterführen.

Kurz nachgefragt:

Was war Ihr bisher seltsamster Job?
Für meinen ersten Ferialjob mit 16 Jahren musste ich für eine Firma Karteikarten schreiben. Das war überhaupt nicht mein Job – mit meiner Schrift auf kleinen Karteikarten schön schreiben war fast nicht lösbar. Da habe ich gewusst, dafür bin ich nicht begabt.

Ihr Schreibtisch: geordnet oder chaotisch?
Er ist aufgrund der Arbeitsfülle meistens ein bisschen chaotisch, aber ich liebe es, wenn er geordnet ist.

Ich wäre gerne für einen Tag …

eine Ö1 Moderatorin. Ich finde es spannend, wie manche ModeratorInnen andere Menschen interviewen, durch die Sendung führen und das eine oder andere Geheimnis entlocken.

Was war der beste Rat bzw. Tipp, den Sie jemals in Ihrer Laufbahn erhalten haben?
Ein guter Freund – ganz am Anfang meiner Karriere – gab mir den Tipp, bei Gesprächen, wo es um wichtige Dinge geht, immer mit zu schreiben. Und das Protokoll im Extremfall sogar unterschreiben zu lassen. Es werden oft Dinge besprochen und nachher weiß niemand mehr davon. Das hat mir in so manchen Situationen geholfen.

Ihr Lieblingsfach in der Schule?
Biologie, aber auch Deutsch.

Welcher Versuchung können Sie nicht widerstehen?
Allem, was süß ist.

Sie besitzen ein Abonnement für…
Den „Konsument“ und viele Gartenzeitschriften.

Nachhaltigkeit im Alltag heißt für mich…
Einkaufen. Das ist wirklich ein Ding, wo ich mich immer bemühe, es nachhaltig zu machen. Da nehme ich mir auch Zeit. Und natürlich auch bei der Mobilität und beim Reinigen.

Ihr Weihnachtsbaum: Klassisch oder modern geschmückt?
Klassisch. Wir haben immer einen großen Weihnachtsbaum, klassisch bunt mit wunderschönen mundgeblasenen Glaskugeln.

Dieses Buch lesen Sie gerade…
„Die Geschichte der Bienen“. Ich habe es zum Geburtstag geschenkt bekommen und das Buch ist wunderschön gestaltet.

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