Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH

Christa Ruspeckhofer | 16.06.2020

Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, © Julia Pfeiffer
Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, © Julia Pfeiffer

Die NÖ Familienland GmbH wurde 2014 als Kompetenzzentrum für Familienarbeit in Niederösterreich gegründet. Seitdem werden viele Projekte, die sich an der Bedürfnislage der Familien orientieren, umgesetzt. Mit dem Ziel, Familien, wo immer es notwendig ist, zu unterstützen.

Nach unserem Jahresmotto ‚nachhalTIGER – stark wie ein Tiger in Sachen Nachhaltigkeit‘ gibt es für Familie in Niederösterreich viel in Sachen Klima- und Umweltschutz zu entdecken. Wir freuen uns sehr, hier mit dem NÖ Familienland zu kooperieren.

Frau Landesrätin Mag.a Teschl-Hofmeister, in Ihrer Funktion als Landesrätin für Bildung, Familien und Soziales ist Ihr Betätigungsfeld ein sehr vielfältiges. Kernthema ist das Wohlergehen aller Familien, damit einhergehend Bildung und Gesundheit für alle Kinder. Mit welchen Anfragen und Bedürfnissen treten Familien an das NÖ Familienland heran und welche Form der Unterstützung bietet Sie ganz konkret an?

Die kurze Antwort wäre, mit wirklich allen Fragen des Alltags. In den letzten Monaten rund um Corona allerdings verstärkter rund um die Frage nach der Work-Life-Balance, also wie bekomme ich meine Familie und mein Arbeitsleben unter einen Hut. Dazu zählen Themen, für die ich ganz konkret verantwortlich bin, wie die vorschulische und schulische Betreuung und die Nachmittags- und Ferienbetreuung. Aber auch, wo bekomme ich einen Job, mit dem ich meiner Familie ein gutes Auskommen sichern kann? In welcher Umgebung will ich leben und gibt es dort Freizeit- und Einkaufsangebote? Gerade junge Leute sehen das als großen Anreizfaktor. Eine lebenswerten Umgebung muss darüber hinaus was zu bieten haben, z.B. ob man dort gut digital angebunden ist. Es geht wirklich in viele Bereiche hinein.

Mit dem NÖ Familienland gibt es seit 2014 eine Adresse, an die ich mich wenden kann, wenn ich Familie bin oder Familie will oder Familie einfach wertschätze. Da kann ich mit allen Fragen hinkommen. Eine einheitliche Anlaufstelle, die weiterhilft, zum Beispiel bei der Ferienbetreuung im Sommer. Sie bietet auch Feste und Veranstaltungen für Familien an, wo man zueinander kommen und in Kontakt treten kann.

Frau Landesrätin Mag.a Teschl-Hofmeister, Sie haben gesagt, Familien ist es wichtig die Umgebung kennen zu lernen und zu wissen welche Angebote es dort gibt. In Niederösterreich gibt es dazu den kostenlosen NÖ Familienpass zur Verfügung. Damit bekommen alle Familien in Niederösterreich Vorteile und Vergünstigungen für Aktivitäten mit Kindern in der Region. Wie wichtig ist diese gemeinsame Familienzeit? Wie viele PartnerInnen befinden sich in Ihrem Netzwerk?

Es sind derzeit ungefähr 700 Mitgliedsbetriebe und AngebotsgeberInnen, die mit dieser einen Karte erfasst sind. Die Angebote reichen von Einkaufsvorteilen bis hin zu Gratiseintritten in Museen, Freizeiteinrichtungen und vieles mehr. Damit möchten wir die Menschen animieren, etwas auszuprobieren. Ich glaube, die Zeit mit der Familie ist unschätzbar wertvoll und gerade – jetzt muss ich nochmal Corona zitieren – hat sich das besonders herauskristallisiert. Wenn man auf sich gestellt ist als Familie, weil man sonst nicht viel anderes soll, dann erkennt man erst die Bedeutung, was es heißt gemeinsam sinnstiftend Zeit zu verbringen.

Es ist aber nicht nur die Karte. Es hilft auf jeden Fall auch das Magazin Familienzeit. Ich sehe das auch selber mit meinen Kindern: Wenn wir nicht wissen, was wir am Wochenende tun, weil das Wetter vielleicht schlecht ist, dann schauen wir in die „Familienzeit“. Auch auf Social Media ist die NÖ Familienland GmbH gut aufgestellt und das ist ein guter Weg junge Leute abzuholen.

Was ich sehr positiv bei der Vorbereitung auf diesen Termin erlebt habe ist, dass der Familienbegriff sehr weit gespannt wird. Früher war Familie Mutter, Vater und Kinder. Jetzt kann der NÖ Familienpass viel breiter genutzt werden – also auch Patchwork-Familien oder Tanten und Großeltern können die Vorteile nutzen.

Ja, das ist uns auch wichtig, gerade im Zusammenhang mit unserer Museumsaktion, die jetzt schon einige Zeit läuft. Wir möchten damit ganz bewusst erreichen, dass Kinder nicht nur mit Mama und Papa die Vorteile nützen können, sondern auch mit der Oma, mit der besten Freundin und mit mehreren Kindern ins Museum gehen können. Die Gruppe darf sich variabel zusammenstellen, weil das Leben so ist. Weil man vielleicht selber an dem Tag arbeiten muss und dann gibt man seine Kinder zur besten Freundin und die geht mit ihnen ins Museum.

Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, @ Julia Pfeiffer
Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, © Julia Pfeiffer

Frau Mag.a. Trettler, Sie sind Geschäftsführerin von NÖ Familienland. Dabei ist eine wichtige Aufgabe in die zukünftigen Entwicklungen von Familie zu blicken. Mit der „Denkwerkstatt Familie“ erforschen und diskutieren Sie neue Konzepte und Themen der Zukunft. Welche Themen sind gerade aktuell?

Familie ist nach wie vor das beständigste aller sozialen Netzwerke. Das spüren wir jetzt in der Corona-Zeit ganz besonders, wo man viel Zeit miteinander verbracht hat und anders in Beziehung getreten ist als im „normalen“ Alltag. Wir merken aber auch, dass Familie einem ständigen zeitlich bedingten Veränderungsprozess unterworfen ist. Familie stellt sich heute anders dar als es noch vor Jahren war. Nicht nur Vater, Mutter, Kind – Familie ist viel mehr und verändert sich auch im Laufe eines Lebens. Das probieren wir aufzugreifen. Wir haben zum Beispiel in unserem Magazin „Familienzeit“ die Rubrik „Mittendrin im Leben“, wo es darum geht, das Generationenübergreifende in den Mittelpunkt zu stellen.

Unser Kernthema ist nach wie vor das große Thema Vereinbarkeit Familie und Beruf, wo wir versuchen ganz konkret mit unseren Projekten, Familien aber auch Gemeinden als Lebensraum der Familien, zu unterstützen. Sei es im Rahmen der schulischen Tagesbetreuung oder der Ferienbetreuung. Mit der Denkwerkstatt versuchen wir im ständigen Dialog mit den Familien herauszufinden, wo sich die Bedürfnisse der Familie hin entwickeln. Dabei setzten wir stark auf wissenschaftliche Studien, auf Zukunftsforschung und Veranstaltungen, wo wir Fachleute zu Podiumsdiskussionen einladen und Betroffene aus den Familien befragen, um Ideen und Impulse an die Familienpolitik des Landes zu bringen.

Frau Mag.a Trettler, Ihr Angebot umfasst auch das Thema nachhaltige Spielplätze. Spielen bedeutet Lernen mit allen Sinnen. Hier setzt auch wir-leben-nachhaltig mit dem Familienschwerpunkt an, denn auch Nachhaltigkeit und bewusster, sorgsamer Umgang mit unserer Umwelt will gelernt sein. Wie fließt die Thematik der Nachhaltigkeit in die Arbeit vom NÖ Familienland mit ein?

Die Förderaktion Schulhöfe und Spielplätze in Bewegung ist ein sehr sinnstiftendes Angebot. Es geht uns dabei nicht nur darum Spielflächen in Gemeinden zu schaffen, sondern von Anfang an die wirklich Betroffenen miteinzubeziehen. Wir versuchen mit einem sehr umfangreichen Partizipationsprozess, sowohl die Kinder als auch die Pädagogen/innen vor Ort, die Elterngruppen, die künftigen NutzerInnen und Nutzer, alle in den Planungsprozess, aber auch in der Umsetzung miteinzubeziehen. In den Pflanzwerkstätten legen die Kinder selber Hand an. Auch die Frau Landesrätin ist bei dem einen oder anderen Terminen mit dabei und die Gummistiefel sind schon als fixes Equipment im Auto.

Frau Landesrätin Mag.a Teschl-Hofmeister: Die Kinder sind so begeistert. Selbst die Wildesten unter ihnen können total friedlich sein, wenn sie im Garten umgraben dürfen.

Frau Mag.a . Trettler: Es ist sehr schön, weil die Kinder in diesen Prozessen eine ganz andere Rolle bekommen, als sie sie vielleicht im Klassenverband haben. Kinder, die während dem Unterricht zurückhaltend sind, übernehmen auf einmal eine Führungsrolle, weil sie gut mit Schaufel und Spaten umgehen können. Das ist sehr schön zu sehen und auch die Rückmeldungen von den Pädagogen/innen sind sehr positiv. Solche Projekte sind nachhaltig, weil ein Spielplatz in einem Schulhof, den ich selber mitgestaltet habe, wo ich den einen Baum, den einen Strauch oder die Naschhecke selbst gesetzt habe, hat mehr Wert und da passe ich auch darauf auf. Darüber hinaus versuchen wir im Rahmen der schulischen Tagesbetreuung das Thema Nachhaltigkeit über die Kinder in die Familien zu bringen. Wir schulen unsere Freizeitpädagogen/innen in Weiterbildungsseminaren zu nachhaltigen Themen. Diese lassen sie dann in ihre Arbeit mit den Kindern einfließen. Das funktioniert sehr gut und die Kinder tragen auch wirklich sehr viel in die Familie nach Hause und umgekehrt.
Auch im Magazin zum NÖ Familienpass, „ Familienzeit“ spielen Themen wie Nachhaltigkeit, Umwelt, Ökologie eine zentrale Rolle.

Das haben wir gerade auch in der letzten Zeit gesehen, wie sehr man durch Herausforderungen, denen man sich stellen muss wächst und sehr viel Gutes mitnehmen kann.

Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, © Julia Pfeiffer
Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, © Julia Pfeiffer

Frau Landesrätin Mag.a Teschl-Hofmeister, die Bildung wurde in den letzten Monaten sehr auf die Probe gestellt: Geschlossenen Bildungseinrichtungen, Online-Schooling, Social Distancing und die neuen Herausforderungen der Familien waren die Folgen der notwendigen Corona-Maßnahmen. Gibt es ein Ereignis das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Welche Erkenntnisse haben Sie für Niederösterreich aus der Krisenzeit gezogen?

Berührt hat mich vor allem die Situation, dass es möglich war, ein seit Jahrzehnte eingefahrenes System zu verändern. Ich hätte unserer Schule auch nicht zugetraut, dass das funktioniert. Es hat sicher in Einzelheiten und Details Probleme gegeben und die Kritik nehme ich auch an und ernst. Aber im Grunde haben wir innerhalb von wenigen Tagen den face-to-face Unterricht auf Online-Unterricht umgestellt. Ich finde es ganz toll, was die Pädagogen/innen da geleistet haben. Und auch das Schulforum, das ja manchmal als anstrengend bezeichnet wird, weil man mit den Eltern und mit den SchülerInnen verstärkt in Kontakt treten muss, hat sich jetzt bewährt. Wenn diese drei Teile zusammenarbeiten, dann geht was weiter. Das finde ich schön und wenn von diesem Spirit etwas übrig bleibt, wäre schon viel gewonnen.

Wir haben jetzt auch im Echtzeittest gesehen, was technisch bzw. an Software-Ausstattung funktioniert und was weniger. Dass wir grundsätzlich bei der Digitalisierung dran bleiben müssen ist völlig klar und dass wir vor allem auch in der Ausbildung der Pädagogen/innen einen stärkeren Schwerpunkt darauf legen müssen. Jetzt können wir aber Dinge, die sich nicht bewährt haben weglassen und Dinge forcieren, die sich bewährt haben. Auch der Lebensraum Schule als solcher wird stärker ins Bewusstsein der Leute rücken.

Interview mit LR Mag.a Christiane Teschl-Hofmeister und Mag.a Barbara Trettler, GF NÖ Familienland GmbH, © Julia Pfeiffer


Der Schulfreiraum wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen, wenn Kinder und Jugendliche den ganzen Vormittag und Nachmittag dort verbringen.

Ansonsten hab ich wieder einmal die Erkenntnis erlangt, dass es ganz schwer ist, es allen recht zu machen auf diesem Gebiet. Macht aber auch nichts, wenn es in Summe grundsätzlich passt und daran glaube ich.

Worauf freuen Sie sich als Landesrätin am allermeisten wenn wir wieder in Kontakt treten dürfen? Gibt es eine Sehnsucht?

Keine Sehnsucht, aber ich freue mich wieder auf Veranstaltungen und darauf viele Leute zu treffen. Das ist einer der Gründe, warum ich den Job gerne mache, weil man Leute trifft. Andererseits habe ich in der Zeit sehr genossen, mich intensiver mit Themen auseinandersetzen zu können und intensiver „Büroarbeit“ machen zu können – auch wenn sie nicht im Büro war, sondern daheim und über Video. Ich hoffe fast, dass ein bisschen was davon bleibt.

Kurz nachgefragt:

Ihr Lieblingsfach in der Schule?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Deutsch
  • Mag.a Trettler: Geografie

Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie sich gerne auf einen Kaffee oder Tasse Tee treffen?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Marianne Hainisch
  • Mag.a Trettler: Dalai Lama

Am meisten schätze ich an meinem Beruf, dass …

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: man nie weiß was kommt
  • Mag.a Trettler: ich das Lebensumfeld für Familien in Niederösterreich mitgestalten darf

Zum Entspannen: Musik oder Buch?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Buch
  • Mag.a Trettler: beides und gerne auch gleichzeitig

Ein Ort, an den es Sie immer wieder hinzieht?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Krems
  • Mag.a Trettler: Plätze im Dunkelsteinerwald

Was haben Sie als Kind am liebsten gespielt?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Barbie
  • Mag.a Trettler: Jolly

Welchen Wunsch möchten Sie sich in Ihrem Leben noch unbedingt erfüllen?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: meine Kinder gesund und glücklich aufwachsen zu sehen und zu wissen wo sie landen
  • Mag.a Trettler: die hoffentlich noch vielen kleinen und schönen Momente mit meiner Familie und meinen Freunden

Sommerzeit ist Eiszeit: Frucht- oder Milcheis?

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Fruchteis
  • Mag.a Trettler: Fruchteis

Die 3 wichtigsten Eigenschaften, die Eltern in der Erziehung ihrer Kinder brauchen

  • LR Mag.a Teschl-Hofmeister: Liebe, Geduld, Liebe
  • Mag.a Trettler: Humor, Gelassenheit und Flexibilität

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