Interview mit Mag. Manfred Mader, EnoughStuff

Daniela Capano | 26.03.2019

„Was einer Person schenken, die alles hat?“ dachte sich Mag. Manfred Mader 2018 und gründete EnoughStuff – den Onlineshop für sinnvolle Geschenke. Er möchte damit anregen, Zeit statt Zeug zu verschenken, um den ökologischen Fußabdruck durch weniger Müll und geringeren Ressourcenverbrauch zu verringern. Seit Oktober 2018 ist seine Website online.

Der Online-Shop führt keine Güter, sondern ausschließlich Dienstleistungen, die die Beschenkten in irgendeiner Form persönlich weiterbringen sollen. Es finden sich zum Beispiel ein ImkerInnen-Kurs, eine Brotback-Schulung oder ein Fahrrad-Reparaturworkshop.

Herr Mader, wir beschäftigen uns heuer bei der Auswahl unserer MonatspartnerInnen schwerpunktmäßig mit Start-ups, die einen Nachhaltigkeitsbezug haben. Gab es ein ausschlaggebendes Erlebnis für Sie, das Sie bestärkte, Ihre Idee mit EnoughStuff als Start-up in die Tat umzusetzen?

Ja, das Weihnachten 2017. Da hat mich unser Konsumverhalten einfach genervt. Das Online-Shoppen ist eine tolle Sache, aber es verleitet dazu, viele Dinge zu kaufen, die man gar nicht braucht. Dinge, die meistens irgendwo in Asien günstig produziert und von einem prekär beschäftigten Zusteller gebracht  werden. Und die große Marge bekommt ein US-Konzern, der in Europa kaum Steuern zahlt.  Und auch, dass viele Leute einfach wirklich nicht mehr wissen, was sie schenken sollen! Das ist kein Problem der Oberen 10.000 mehr, sondern das hat jeder. Und das Geschenk, das zuerst so gut ausgeschaut hat, verblasst sehr schnell. Daniel Kahnemann, immerhin Nobelpreisträger, nennt das die Fokusierungsillusion. Er hat beobachtet, dass der Mensch Dinge, die der Nachbar hat, auch will, weil er glaubt, dass es ihm damit besser geht, wenn er es auch hat. Wenn er es dann selbst besitzt, verblasst die Wirkung sehr schnell. Erlebnisse sind im Gegensatz dazu anders. Sie bleiben viel länger positiv in Erinnerung. Man muss nur selbst zurück denken: „Was hat mir in der Vergangenheit gut gefallen?“ oder „Wovon zehre ich immer noch?“. Das sind fast immer Erlebnisse und fast nie Dinge. Das war dann meine Idee, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Erstens: Man muss nicht so viel unnützes Zeug schenken sondern eine sinnvole Zeit, mit der man mehr Freude hat. Und zweitens bleibt die Wertschöpfung in der Region – weil Dienstleistungen automatisch aus der Gegend sind. Damit schützt man regionale Dienstleistungsunternehmer.

Wie finanziert sich Ihr Unternehmen? Können Sie finanziell davon ihren Alltag bestreiten oder führen Sie ihr Start-up derzeit in Nebenbeschäftigung?

Ich kann bei Weitem noch nicht davon leben. Ich bin angestellt, habe aber das Glück, dass ich derzeit in Elternteilzeit bin bei unserem jüngsten Sohn. Dadurch arbeite ich drei Tage angestellt und in der anderen Zeit betreue ich – neben meinen Verpflichtungen als Vater –  meine Idee. Es ist natürlich schon das Ziel, dass alles so gut läuft, dass ich davon leben kann, aber das dauert noch.

Derzeit stellt EnoughStuff Angebote von Dienstleistungen in Niederösterreich und Wien zur Verfügung. Wie kommen Sie zu Ihren PartnerInnen? Nach welchen Kriterien werden diese ausgewählt?

Am Anfang habe ich hauptsächlich selbst aktiv nach Dienstleistern gesucht. Mittlerweile kommen aber auch Personen zu mir und wollen die Angebote über EnoughStuff anbieten. Wichtig bei der Auswahl ist mir, dass es etwas Nachhaltiges ist. Es macht keinen Sinn, wenn eine Dienstleistung total unökologisch ist, einen Hubschrauberundflug wird es also auf EnoughStuff eher nicht geben. Und es müssen Dienstleistungen sein, wo ich das Gefühl habe, es macht Menschen Freude und es bringt sie irgendwie persönlich weiter. Das sind meistens Workshops, wo man etwas lernt oder wo man neue Leute kennen lernt und vielleicht Freundschaften entstehen. Das unterscheidet mich von anderen Anbietern.

Sie bieten im Online-Shop Dienstleistungen in den Kategorien Handwerk, Geist & Körper, aber auch für Kinder & Jugendliche an. Haben Sie einen Bestseller, also ein Angebot, welches sehr oft gebucht wird?

Ja, interessanterweise ist mein Bestseller ein Tarock-Kurs, mit dem Österreich-Meister von 2017. Ich spiele selbst Tarock, aber ich habe nicht gewusst, dass so viele Leute daran interessiert sind. Die meisten Angebote gibt es in der Kategorie Körper & Geist. Die Kategorie Kinder & Jugendliche war mir wichtig, da ich selbst drei Kinder habe auch wenn es dort relativ schwierig war, genügend Angebote zu finden.

Zeit statt Zeug schenken ist Ihr Motto, damit beim Schenken mehr das Erleben als das Haben im Vordergrund steht und dadurch ganz nebenbei auch die lokalen DienstleisterInnen gestärkt werden. Welchen Vorteil haben die DienstleisterInnen, wenn sie mit EnoughStuff kooperieren?

Die Teilnahme an EnoughStuff ist kostenlos. Die Anbieter zahlen erst, wenn eine Dienstleistung gebucht wird- mit einem Prozentanteil. Es gibt also kein Risiko.

Außerdem sind wir eine Plattform, wo viele Angebote zusammengefasst sind. So machen die Anbieter untereinander Werbung für sich, und ich mache natürlich auch Werbung für die Plattform. Dadurch ist es leichter, bekannter zu werden. Zu Weihnachten zum Beispiel waren wir als Engel und Weihnachtsmann verkleidet auf der Mariahilfer Straße in Wien, mit Protestschildern mit der Aufschrift „Schenkt was sinnvolles“ in der Hand. Gerade Einzelunternehmer haben oft das Problem, dass ihr Markt klein ist, weil sie kein großes Werbebudget haben. Meiner Meinung nach ist das Wichtigste sowieso die Mundpropaganda.

Kurz nachgefragt:

Auf welche 3 Dinge könnten Sie nicht verzichten?
Mein Fahrrad, meine Kaffeemaschine und – leider – mein Handy.

Was war Ihr bisher lustigster oder seltsamster Job?
Ich war als Student Fahrradbote in Wien, da gibt’s immer wieder lustige Erlebnisse

Wohin würden Sie morgen früh verreisen?
Ich bin beim Urlaub machen ein großer Österreich-Fan, deswegen momentan wahrscheinlich Schifahren oder eine Skitour, Langlaufen

Wandern oder Radfahren?
Schwierige Entscheidung – mit der Familie wandern, alleine Rad fahren

Das beste Geschenk, das Sie je bekommen haben?
Meine Kinder

Bärlauch JA oder NEIN? Wie am liebsten zubereitet?
Ja – Bärlauchspätzle

Ich wäre gerne für einen Tag….
Wenn ich auch das Können hätte – Fußballprofi, einmal in einem großen Stadion spielen, wäre sicher toll

Schenken oder Beschenkt werden?
Schenken

Welches Talent würde man Ihnen nicht zutrauen?
Ich hab mich selbst überrascht, dass ich mittlerweile einigermaßen gut tanzen kann – ich mach schon lang einen Tanzkurs mit meiner Frau und hab gedacht, es wird nie was, aber langsam wird‘s

Ihr Tipp für UnternehmensgründerInnen?
Man soll auf jeden Fall etwas machen, das man liebt, weil es auch mühsame Zeiten gibt. Wenn man es nur wegen dem Geld macht, wird es schwerer, die Durststrecken zu durchschreiten, als wenn man wirklich dahintersteht. Der Beginn ist eher hart und man muss realistisch sein. Ich hätte mir nicht getraut, gleich meinen Job zu kündigen. Besser langsam wachsen.

Interesse geweckt? Zum Weiterlesen:

https://www.enoughstuff.at/

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