Generationen verbinden

Alexandra Stavik | 09.08.2016

Wenn man an Nachhaltigkeit denkt, kommen einen in erster Linie Umwelt und Naturschutz in den Sinn. Der Begriff Nachhaltigkeit allerdings  ist viel komplexer und beinhaltet weit mehr als nur die ökologische Seite. Der Begriff selbst stammt aus der Forstwirtschaft und bedeutet den Wald nicht mehr zu entnehmen als dieser wieder produzieren kann. Generell besteht Nachhaltigkeit aus drei Säulen – Ökologie, Ökonomie und Soziales. Die erste Säule ist uns allen geläufig und in Zusammenhang mit der Begrifflichkeit bereits verinnerlicht worden. Die beiden anderen Säulen müssen da noch etwas aufholen. Allerdings sind diese nicht minder wichtig. Es verhält sich ein wenig wie ein Haus, das auch nicht auf einer Säule alleine stehen kann. Nehmen Sie aus einem Kartenhaus eine Karte weg und es fällt zusammen und so verhält es sich auch mit unserem Begriff der Nachhaltigkeit. Die drei Aspekte brauchen einander und gehen meist Hand in Hand. Heute möchte ich mich der sozialen Nachhaltigkeit widmen. Per Definition heißt: “ Nachhaltigkeit wird nicht nur das Naturerbe, sondern auch wirtschaftliche Errungenschaften und soziale und gesellschaftliche Leistungen, beispielsweise die demokratischen Strukturen und eine gerechte Einkommensverteilung gesehen. Demzufolge soll in dem Modell menschliche Würde genauso wie das Arbeits- und Menschenrecht über unsere Generation hinaus gewährleistet werden.“ (siehe dazu Lexikon der Nachhaltigkeit )

Um es ein wenig greifbarer zu machen und zu zeigen, dass soziale Nachhaltigkeit uns alle betrifft und wir alle einen kleinen Beitrag dazu leisten können, möchte ich euch heute eine kleine Geschichte aus meiner Familie erzählen.

Leider ist es wie so oft, es fehlt mal wieder an der Zeit. Umzug, Hochzeit, das tägliche Leben hatte uns in den letzten Wochen und Monaten fest im Griff. Für die Lieben blieb da wenig Zeit. Derweil wäre es so wichtig, gerade uns um jene Personen zu kümmern die es im Alltag nicht mehr so leicht haben. Denen die tägliche Ansprache fehlt und Einsamkeit schon mal die Oberhand gewinnt.

Gerade wenn man in ein bestimmtes Alter gekommen ist und das Leben alleine nicht mehr so zu meistern geht wie man es von früher gewohnt war, Freunde weniger werden, Kinder und Enkelkinder ihr eigenes Leben leben, kann es schon mal sehr einsam um einen herum werden. Allerdings ist gerade Ansprache und Unterhaltung wichtig um geistig fit zu bleiben und das Gefühl zu haben gebraucht zu werden.

Als bei meiner Uroma der Moment gekommen war, dass sie ohne Hilfe nicht mehr das Haus verlassen konnte, entschied sie sich den Schritt zu gehen und ihr gewohntes Zuhause aufzugeben und in eine betreute Seniorenresidenz zu ziehen. Die vermehrte Ansprache und behindertengerechte Einrichtung machte meine Oma wieder mobil, spornte sie an vermehrt auf sich zu achten und wieder mit Menschen in Kontakt zu treten. Die Zeit allerdings blieb nicht stehen und so wurde es auch in dem eigens dafür ausgelegten Haus zunehmend schwerer mobil und selbstständig zu sein. Die anfänglichen Ausflüge wurden stetig weniger und die Einsamkeit nahm wieder zu. Die Besuche von uns und vor allem von meinem kleinen Sohn waren und sind  noch heute ihre Highlights aber wie es im Alltag so spielt fehlt es uns leider viel zu oft an der Zeit, um uns intensiv um sie zu kümmern. Natürlich nagt das schlechte Gewissen und der Gedanke, wieder zur Oma zu fahren, dennoch kommt es oft viel zu kurz.

Meine Oma war immer eine kinderliebende Frau und hat sich stets um uns Kinder aber auch um Kinder aus der Umgebung liebevoll gekümmert. Auch jetzt noch im hohen Alter von knapp 96 Jahren sind Kinder für meine Oma ein wahrer Schatz den es zu hüten gilt. Wie es der Zufall will ist im Erdgeschoß der Seniorenresidenz ein Kindergarten untergebracht. Vor kurzem startete dort das Projekt „Generationen verbinden“. Kinder und Senioren sollen dabei miteinander in Kontakt kommen und voneinander profitieren. Meine Oma meldete sich sofort und wollte die Gelegenheit nicht verpassen bei diesem Projekt dabei zu sein. Neben gemeinsamen Spielstunden gibt es auch gemeinsamen Bewegungs- und Singunterricht. Letztens bekamen wir die Möglichkeit bei einer dieser Treffen dabei zu sein und es war einfach wunderschön zu sehen wie gut die gemeinsame Arbeit mit den Kleinen meiner Uroma tut. Sie strahlt und vergisst dabei ganz auf ihre Wehwechen die das Alte mit sich bringen und das wichtigste sie hat Ansprache bzw. fühlt sich gebraucht. Die Kinder lauschen gespannt ihren Geschichten und meine Oma erzählt mit großem Eifer aus längst vergangenen Zeiten.

In einigen dieser Einrichtungen gibt es auch die Möglichkeit ehrenamtlich mitzuhelfen, ältere Menschen zu besuchen, gemeinsame Spaziergänge zu unternehmen oder einfach nur Kaffee zu trinken. Die Ansprache und Beschäftigung ist ein so wichtiger Teil im Leben und gerade im Alter sollte es unseren Lieben nicht daran fehlen. Manchmal hilft schon ein kleines Lächeln auf der Straße oder eine nette Geste im Supermarkt. Trotz Stress und Schnelllebigkeit dürfen wir nicht auf jene in der Gesellschaft vergessen die uns am meisten brauchen.

PS: Der nächste Wochenendausflug ist bereits geplant. Die Romy-Karten im Gepäck geht es am Sonntag in die Seniorenresidenz.

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