Interview mit DIin Andrea Moser

Luise Steininger | 21.12.2015

Andrea Moser im Interview mit Luise Steininger
DIin Andrea Moser im Interview mit Luise Steininger

Als erste Interviewpartnerin durfte ich Frau DIin Andrea Moser – die Direktorin des Biosphärenpark Wienerwald – bei mir begrüßen. Das Thema Nachhaltigkeit begleitet sie nicht nur in ihrem beruflichen Leben schon sehr lange, sie versucht auch sehr bewusst nachhaltig zu leben und den Naturgedanken nicht nur an ihre eigenen Kinder weiterzugeben.

Zitat 1

Luise Steininger: Für alle unsere Leserinnen und Leser, die sich unter einem Biosphärenpark nichts vorstellen können – wie erklären Sie dieses unter Schutz gestellte Gebiet?

Andrea Moser: Ein Biosphärenpark ist eine Modellregion für Nachhaltigkeit; eine Symbiose von Mensch und Natur mit dem Ziel die wertvolle Lebensregion und den wertvollen Lebensraum für zukünftige Generationen zu erhalten. Biologische Vielfalt, wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie der Erhalt kultureller Werte sollen miteinander in Einklang stehen.

Sie sind seit April 2015 Direktorin des Biosphärenpark Wienerwald.
Welches Plätzchen oder welcher Ort im Biosphärenpark ist Ihr Lieblingsplätzchen geworden? 

Wir sind Ende September in unser neues Büro mitten im Wald umgezogen. Es ist zwar kein Rückzugsraum, da es ein sehr modernes Gebäude mit Glasfronten ist. Das ist aber auch der Vorteil – man ist mitten in der Natur und die Sonne scheint herein. Ich genieße diesen wunderschönen Platz.

Welcher Vorfall oder welche Begegnung hat Sie in diesen neun Monaten am meisten überrascht oder verblüfft bzw. was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Ich erlebe sehr viele Begegnungen, da ich viel unterwegs bin und auch viele unterschiedliche Leute mit sehr großem Engagement kennen lerne. Überrascht hat mich dabei, dass ich sehr viele Menschen wieder getroffen habe, die ich bereits über Ecken kenne – sei es noch vom Studium oder auch von diversen Projekten. Naturschutz ist so ein riesiges Thema, aber trotzdem doch so überschaubar.

Mit einer Fläche von über 100.000 Hektar erstreckt sich der Biosphärenpark über 51 Niederösterreichische Gemeinden und 7 Wiener Gemeindebezirke. Der Biosphärenpark ist nicht nur Erholungsgebiet für die über 800.000 hier lebenden Personen, auch die Forst- und Landwirtschaft spielt eine bedeutende Rolle.
Was sehen Sie als die größten Herausforderungen dabei diese verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen?

Es ist wirklich eine große Herausforderung. Aber ich glaube daran, dass man mit viel Information und Bewusstseinsbildung diese Interessen vereinen kann. Wenn man den Menschen bewusst macht, dass die verschiedenen Nutzergruppen eigentlich dasselbe Ziel verfolgen, nämlich diesen wertvollen Lebensraum zu erhalten. Man muss offen und neutral an die Dinge herangehen und erkennen was die Leute wollen. Jeder hat seine eigenen Interessen und sein eigenes Lebensfeld, manchmal fehlt es einfach an Information. Oft reicht es schon einen anderen Blick auf die Dinge zu lenken – manchmal müssen wir auch die Rolle des Mediators einnehmen.

Das Informieren der Leute ist eine Aufgabe des Biosphärenparks: Wir müssen sie darüber informieren, was diesen Lebensraum ausmacht. Wir haben viele Veranstaltungen, Führungen, unsere Website; wir machen viel Bildungsarbeit – sowohl mit Kindern als auch mit Erwachsenen.

Sind es die Kinder oder die Erwachsenen, die leichter für diese Thematik zu begeistern sind?

Die Kinder sind sehr leicht zu begeistern und wenn der Naturgedanke einmal in den Kindern verankert ist, kann man sie dort auch später wieder abholen. Zusätzlich tragen Kinder die gelernte Information mit nach Hause und erzählen ihren Eltern davon. Oft informieren sich dann auch die Eltern und besuchen eine Veranstaltung von uns, um auch darüber Bescheid zu wissen.

Haben Sie auch „StammkundInnen“ im Biosphärenpark?

Ja, die gibt es. Ich nenne Sie die „Freunde des Biosphärenparks“. Sie sind oft bei Projekten beteiligt oder wollen wissen was daraus geworden ist und besuchen uns dadurch sehr oft.

Der Biosphärenpark Wienerwald feiert heuer sein 10-jähriges Bestehen.
Welche drei bisher erreichten Meilensteine sehen Sie als die bedeutendsten?

Da gibt es sehr viele! Es gibt vor allem viele Veranstaltungen – zum Beispiel den jährlichen Tag der Artenvielfalt. Die Menschen kommen sehr gerne, sie informieren sich, gehen raus, machen bei den Erhebungen mit. Ich sage immer, man sieht dabei welche besonderen Arten man auch direkt vor der Haustür hat – man muss dazu nicht auf andere Kontinente reisen.

Als zweiten Meilenstein möchte ich ein sehr junges Projekt vorstellen. Der Wienerwald ist ja ein Erholungsgebiet, sowohl für die ansässige Bevölkerung als auch für die WienerInnen. Es soll ein Netz von Singletrails für Mountainbiker entstehen. Es ist ein neuer Trend, auf schmalen Wegen die Landschaft mit dem Mountainbike zu erkunden. Wir versuchen im Biosphärenpark als Modellregion beim Aufbau eines Wegenetzes mitzuarbeiten, das die Interessen von Sportlern, Grundeigentümern und Naturschutz berücksichtigt und vereint – und wir sind auf einem guten Weg!

Als dritten Meilenstein möchte ich das in Ansätzen gut vorhandene Partnernetz erwähnen. Dazu gehören PartnerInnen und Betriebe, die den Biosphärenpark-Gedanken mittragen; sie wurden ausgewählt, weil sie nachhaltig wirtschaften – beispielsweile viele landwirtschaftliche Betriebe.

 

DI Andrea Moser - Direktorin des Biosphärenparks Wienerwald

DIin Andrea Moser – Direktorin des Biosphärenparks Wienerwald

Welche Ziele haben Sie für die nächsten Jahre – was möchten Sie als Direktorin erreichen?

Ich möchte dieses Partnernetz noch viel stärker ausbauen und den Biosphärenpark-Gedanken noch viel mehr in der Region verankern.
Ich möchte den Modellcharakter des Biosphärenparks noch viel stärker hervorheben und Projekte und Initiativen, die zeigen wie es geht, vorstellen und vorne hinstellen.
Außerdem möchte ich die Produktvermarktung noch verbessern. Ich glaube, dass man die Leute mit Essen und Genuss abholen kann – und man muss dort anknüpfen wo sie stehen.

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt ja aus der Forstwirtschaft. Im Leitbild des Biosphärenparks ist das Thema Nachhaltigkeit mit den 3 Säulen Ökologisches Gleichgewicht, Ökonomische Sicherheit und Soziale Gerechtigkeit verankert. Zuletzt haben Sie im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gearbeitet und an der Universität für Bodenkultur haben Sie Landschaftsplanung studiert. Nachhaltigkeit begleitet Sie also in Ihrem beruflichen Leben schon lange.
Wie prägt Sie das Thema Nachhaltigkeit persönlich? Welche Auswirkungen hat es auf Ihr privates Leben?

Ich versuche sehr nachhaltig zu leben. Nachhaltigkeit definiere ich damit, zu schauen, welchen ökologischen Fußabdruck habe ich – was bewirke ich mit meinem Tun.
Ich achte zum Beispiel sehr auf regionale, nachhaltig produzierte Lebensmittel, wobei mir die Regionalität persönlich wichtiger ist als die Bio-Zertifizierung. Manchmal heißt das auch verzichten – wenn ich mit meinen Kindern im Winter einkaufen gehe und sie sehen schöne rote Erdbeeren aus dem Ausland und sagen, ich will die jetzt haben, dann sage ich nein – Erdbeeren gibt es dann, wenn sie bei uns wachsen. Die Kinder akzeptieren das auch problemlos. Wir haben auch einen großen Garten, in dem wir selber einige Dinge anbauen – meine Kinder verstehen dadurch, dass die Produkte bei uns nicht rund um das Jahr geerntet werden können.

Welche Botschaft oder welchen Anstoß möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern noch mitgeben?

Das es auf dem Weg zum nachhaltigen Leben sehr viele Stufen gibt und dass man nicht ganz oben anfangen muss. Wenn man es langsam angeht, hat man nicht das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen – man empfindet es nicht als Nachteil, sondern sieht den Vorteil, den man dadurch erzielt.

Kurz nachgefragt

Welche Persönlichkeit hat Sie in Ihrem beruflichen Lebensweg besonders geprägt bzw. beeinflusst?
Wolfgang Holzner – er war nicht nur mein Diplomarbeit-Vater, sondern (wie ich später erfuhr) hat er auch sehr maßgeblich den Biosphärenpark Wienerwald mitgeprägt.

Was ist Ihre Lieblingspflanze?
Margeriten und Sumpfdotterblumen (letztere erinnern mich sehr an meine Kindheit)

Welches Buch lesen Sie gerade? Als E-Book oder in Papierform?
„Die Durchschnittsfalle“ von Markus Hengstschläger – in Papierform

Was war Ihr bisher lustigster oder seltsamster Job?
Seat filler – ich habe ein Auslandssemester in Vancouver gemacht und dabei im Haus einer Eventmanagerin gewohnt. Wenn bei einer Veranstaltung, die vom Fernsehen übertragen wird, eine Person aus dem Zuschauerraum auf die Bühne muss, wird der leere Platz von einem Seat filler besetzt.

Was möchten Sie in Ihrem Leben noch unbedingt tun?
Nach Island fahren und überhaupt noch viel mehr reisen, um die Natur zu sehen. Ich möchte andere Landschaften kennen lernen – ich liebe Vulkane, vielleicht noch einmal einen besteigen.

Welche Telefonnummer in Ihrem Verzeichnis ist die wichtigste?
Die von meinem Lebensgefährten.

Anruf oder E-Mail?
Ein Anruf ist mir großteils lieber, weil eine spontane Reaktion möglich ist. Wenn man für die Antwort noch überlegen muss ist das E-Mail besser. Aber am allerliebsten treffe ich die Menschen persönlich.

Ist ein Glas für Sie halbvoll oder halbleer?
halbvoll

Strohsterne oder Christbaumkugeln?
Beides – ich verwende jedes Jahr den gleichen Christbaumschmuck (Rot und Gold) – dazu kommt nur manchmal noch etwas selbst Gebasteltes der Kinder. Zusätzlich kommen noch viele Süßigkeiten auf den Baum – für die Kinder. Es ist bei uns ein großes Familienfest!

Zitat 2

Vielen Dank für das Interview!

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